Review
Playstation 3-Review
Yakuza: Dead Souls
Entwickler SEGA |
Genre Action-Adventure |
Erscheinungsdatum 16. März 2012 |
Toshihiro Nagoshi muss ein bemerkenswerter Überredungskünstler sein. Kurz vor der Jahrtausendwende hat das SEGA-Urgestein erfolgreich seine Vorgesetzten davon überzeugt, dass ein Spiel mit in Plastikugeln herumrollenden Affen eine gute Idee sei. Und etwas mehr als zehn Jahre später boxt er ein Spiel aus der renommierten Yakuza-Reihe durch, das die Authenzität der Spielwelt durch eine Zombie-Invasion austauscht – zum Leidwesen jener, die dem Super Monkey Ball-Erfinder vertraut haben.
Yakuza: Dead Souls (Ryu ga Gotoku: Of the End in Japan) ist das vierte Spin-Off der Reihe – nach den Japan-exklusiven Spielen Kenzan! und Black Panther – und bringt zwei wichtige Neuerungen mit: der Westen kommt auch in den Genuss des Spiels und die hochgelobte Glaubwürdigkeit der Spielwelt wird gleich zu Beginn hochkant über Bord geworfen. Nach Left 4 Dead, Dead Island und Dead Rising will SEGA auch ein Stück vom muffigen Zombie-Kuchen abhaben – und schickt bis an die Zähne bewaffnete Hauptfiguren der Reihe nach in ein von Untoten überranntes Kamurocho.
Ein Spin-Off wie Dead Souls muss vor allem eines können; den Spieler schnell davon überzeugen, dass die absurde Idee und Hintergrundgeschichte spielerisch Sinn machen und für frischen Wind in der sehr Fautskampf-lastigen Yakuza-Spielwelt sorgen. Doch hier versagt es auf ganzer Linie. Die Vierteilung der Narration sorgt dafür, dass je nach Akt unterschiedliche Charaktere den Protagonisten mimen – und Shun Akiyama, bekannt aus Teil 4 und Einstiegscharakter in Dead Souls, ist trotz seiner jovialen Natur denkbar ungeeignet für diese Aufgabe. Seine Geschichte, die sich primär um das Beschützen seiner Assistenten dreht, ist weder dramaturgisch spannend, noch interessant erzählt. Seine Missionen hingegen haben Tutorialcharakter und wollen dem Spieler mit der Holzhammermethode jede noch so uninteressante Facette des Gameplays näher bringen.
Früh stellt sich heraus, dass das beste Mittel zur Bekämpfung der Zombie-Epidemie eine Quarantänezone ist. Japans Self Defense Force (SDF) richtet infolgedessen meterhohe Absperrungen auf, die das untote Volk von dem unwissenden, aber lebendigen Pöbel abtrennt. Im ersten Stadium ist die Quarantäne noch überschaubar und nur ein geheimer Untergrundpfad dient als Bindeglied zwischen Kamurocho und dem abgeschotteten Bereich. Und dieser von unzähligen, nachspawnenden Zombies bevölkerte Pfad muss von Akiyama mehrmals durchlaufen werden – mehrmals pro Kapitel, mehrmals pro Mission, und für jede einzelne der 15 für ihn verfügbaren Nebenquests. Wer sich durch diesen Totalausfall des Gamedesigns kämpft, wird zwar mit einem Qualitätssprung belohnt, einen bitteren Nachgeschmack hat das abtörnende Intro dennoch.
Erst mit dem Wechsel zu Fanliebling Goro Majima gewinnt Dead Souls ein wenig den Charme, für den die Reihe berühmt wurde. Der durchgeknallte Einäugige nimmt weder sich selbst, noch das eigentliche Spiel wirklich ernst und hat bei der Bekämpfung der Zombies zu Großteilen mehr Spaß als der Spieler. Denn der ist sich zeitweise unsicher, ob das Gameplaygerüst nicht zeitgemäßer ausfallen hätte können.
Grundsätzlich ist Dead Souls ein reiner Third-Person-Shooter. Doch die bekannte Formel dieses Genres beschreibt nur ungefähr, wie sich das Yakuza-Spin-Off spielt. Im Gegensatz zu Gears of War, Vanquish, oder auch Binary Domain des gleichen Entwicklers, verzichtet Dead Souls nahezu vollkommen auf das manuelle Zielen. Kazuma, Majima und Konsorten visieren selbständig Gegner an, ein Druck auf die link Schultertaste ermöglicht lediglich das “Strafen” (seitlich gehen beim Zielen). Hält man L2 gedrückt, wechselt das Spiel in eine manuelle Zielperspektive, die allerdings nur in Ausnahmefällen genutzt werden sollte, da man in diesem Zustand unfähig ist, sich zu bewegen.
Durch dieses Steuerungsschema hebt sich Dead Souls stark von seinen Genrekollegen ab. Nicht länger ist das Zielen das A und O, sondern vielmehr die Positionierung auf dem Schlachtfeld. Denn wer sich im Laufe eines Shootouts in eine Sackgasse navigiert, findet nur unter starkem Lebensverlust wieder aus der Problemzone heraus. Gerade gegen stärkere Gegner und Zwischenbosse empfiehlt es sich daher, stest den Rücken frei zu halten.
Wie auch die Prügeleinlagen in vergangenen Yakuza-Spielen ist das Shooter-Gameplay grob und unfertig, aber – zumindest anfangs – auf primitive Art und Weise unterhaltsam. Traditionell sammeln die vier Charaktere (global gezählte) Erfahrungspunkte, die Level-Ups und neue Fähigkeiten nach sich ziehen. Die altbekannte Heat-Leiste sorgt indes dafür, dass in der Quarantänezone platzierte Fässer, Autos, Trucks und weitere, meist explosive Gegenstände, mit einem gezielten Schuss “aktiviert” werden können um die umgebende Zombie-Meute stark zu dezimieren. Doch sowohl die Power-Ups wie auch die Heat-Manöver verlieren schnell ihren Reiz, denn im Gegensatz zu Yakuza 1-4 sind sie überschaubar und nutzen sich schnell ab. “Head Tracking”, ein Upgrade, das bei gedrückter Schultertaste automatisch den Kopf eines nahe stehenden Gegners anvisiert, erscheint anfangs spannend, stellt sich später aber lediglich als Zugeständnis dafür heraus, dass das normale Zielen und Schießen die Kämpfe zu sehr in die Länge zieht.
Um dem recht dünnen Gameplaygerüst spielerische Relevanz zu verleihen, ist Dead Souls gemäß der Serientradition vollgestopf mit Zusatzaufgaben, Nebenmissionen, Beschäftigungen und Minispielen. Jeder Charakter hat Zugriff auf 15 individuelle Nebenquests, die mal mehr, mal weniger interessant erzählt werden, meist aber darauf hinauslaufen, dass man eine Gruppe Zombies tötet. Karaoke, Tischtennis, Golf und das beliebte Zweisamkeits-Beziehungsspielchen mit diversen Hostessen gehören zwar nachwievor zum Beschäftigungsrepertoire des Spiels, wirken hier aber wie ein Mittel zum Zweck. Wenn Kazuma in der Quarantänezone den Eingangsbereich des Spas von Zombies befreit, nur um anschließend eingeladen zu werden, in einer heißen Quelle zu baden, wirkt das unfreiwillig komisch und gänzlich losgelöst von der restlichen Spielwelt.
Auch erzähltechnisch fehlt das gewisse Etwas, was in einer solch cineastischen Reihe verstärkt negativ auffällt. Wenden und Höhepunkte sind kaum vorhanden und die vier Protagonisten handeln – ähnlich wie in Yakuza 4 – bis kurz vor Ende autonom, sodass eine zusammenhängende Erzählung kaum möglich ist. Die Inszenierung der Zwischensequenzen ist hingegen wie immer über alle Zweifel erhaben und spielt mit diversen filmischen Mitteln wie Matchcuts und Schärfefahrten.
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