Review

Nintendo Wii-Review

Sonic und die Geheimen Ringe

veröffentlicht am Sonntag, den 20. September 2009
Entwickler
Sonic Team
Genre
Jump'n'Run
Erscheinungsdatum
09. März 2007

Noch vor 15 Jahren hätte es niemand für möglich gehalten, dass Sonic auch einmal auf einer Konsole aus dem Hause Nintendo rast, waren diese doch Territorium eines kleinen wohlgenährten Klempners. Doch bereits seit der letzten Konsolengeneration dürfen auf fremden Plattformen die Abenteuer des blauen Igels ebenfalls erlebt werden, aber gerade die jüngsten Ableger der Serie konnten weder Fans noch Presse vom Hocker hauen. Wie das Wii-exklusive Sonic und die Geheimen Ringe nun viel anders und einiges neu macht und warum es dadurch eines der besten 3D-Sonics ist, zeigen wir euch in unserem Test.

Dass dieser Titel aus der Reihe tanzt, offenbart bereits die Hintergrundgeschichte, die leider nicht in einem schicken Rendervideo, sondern durch ziemlich unspektakuläre Bildern erzählt wird: Dieses Mal bedroht kein geisteskranker Wissenschaftler die Welt - viel mehr sorgt ein böser Geist namens Erazor Djinn für Ärger. Er manipuliert nämlich die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht und will so allmählich aus der Märchenwelt ausbrechen, um sich die echte Welt untertan zu machen. Unser kleiner blauer Freund erfährt davon von Shahra, einem weiblichen Ringgeist, der Sonic aus dem Schlaf reist und ihn anfleht, ihre Welt – die aus Tausendundeiner Nacht – zu retten. Sonic, voller Tatendrang, zögert auch nicht lange und lässt sich auf das Abenteuer ein. Denn auch für ihn sollte es ja von Vorteil sein. Doch in der Märchenwelt wird Sonic nicht gerade freundlich aufgenommen und bekommt vom finsteren Djinn sogleich einen Flammenpfeil in die Brust gerammt. Kann Sonic jetzt nicht rechtzeitig sieben Weltenringe für Erazor auftreiben, ehe die Flamme erlischt, war das die letzte Reise des blauen Renners.... also auf ins Abenteuer!

Ganz so schnell geht’s dann aber doch nicht, denn erst einmal müssen alte und neue Igelfreunde den stacheligen Helden unter Kontrolle kriegen. Dafür sorgt die erste Welt als zwingend notwendiges Tutorial, in dem sehr ausführlich die grundlegenden Bewegungen wie das Springen, Grinden oder Angriffe erklärt werden und anschließend zum Fortfahren auch selbst erfolgreich ausgeführt werden müssen. Habt ihr die ersten acht „Tests“ bestanden, bekommt ihr Zugang zur ersten richtigen Welt. Deren Eingang muss allerdings nicht mühselig in einer Oberwelt gesucht werden – sie ist bequem aus dem Menü anwählbar. Ebenso hat man nicht die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Charakteren, denn seit vielen Jahren hat Sonic wieder einmal die alleinige Hauptrolle in seinem Spiel. Und das ist auch gut so! Denn seid ihr in „Sand Oasis“ angekommen, geht es auch gleich zur Sache: Der Countdown zählt runter, „3 – 2 – 1 – GO!“ ertönt es wie in einem Rennspiel und der blaue Feger rennt von alleine los. Eure Aufgaben beschränken sich nun, mal ganz banal ausgedrückt, lediglich auf das Ausweichen von Hindernissen und das Attackieren von Gegnern, während Sonic wie auf Schienen einem vorgegebenen Pfad folgt. Das hört sich nun zwar kinderleicht an, ist in der Praxis aber alles andere als das. Rasant und hektisch geht es in den linearen Levels zu, überall lauern Gefahren und Zeit zum Verschnaufen bleibt kaum, wenn das Stacheltier mit annähernder Schallgeschwindigkeit durch die verschiedensten märchenhaften Orte aus 1001 Nacht düst. Zumindest im späteren Spielverlauf – denn anfangs hat Sonic noch nicht viel auf dem Kasten lässt sich eher schleppend durch die Welten navigieren. Wie sich das ändert, erfahrt ihr im übernächsten Abschnitt. Doch nicht nur zu Land seid ihr unterwegs, sondern katapultiert euch mit entsprechender Maschinerie durch die Luft, bewegt euch auf einem fliegenden Teppich fort oder lasst euch auf einem Baumstamm übers wilde Wasser tragen. Die Welten sind somit sehr abwechslungs- und ideenreich gestaltet und machen seit langem auch endlich wieder richtig Laune!

Doch das Spiel hat noch mehr zu bieten als das bloße Spurten zum Ziel, das dem passionierten Spieler jeweils nicht mehr als fünf Minuten kosten sollte. In jeder der sieben Welten gibt’s nämlich noch eine ganze Reihe an Missionen zu bestehen. Mal müssen 99 Ringe gesammelt werden, mal eine bestimmte Anzahl an Gegnern zur Strecke gebracht werden, mal darf Sonic keinen Schaden erleiden oder muss einen Endgegner mit der richtigen Taktik erledigen. Die Aufgabenstellungen variieren dabei leider genauso wie der Frustfaktor bei so manch einer Mission, die zum Teil aber glücklicherweise optional sind. Warum ihr dennoch alle daran setzen werdet, möglichst jeden Auftrag erfolgreich auszuführen, hängt mit den Medaillen zusammen, die ihr gewinnen könnt. Je nach dem wie schnell ihr die Mission besteht, bekommt ihr entweder gar keine, eine Bronze-, Silber- oder Goldmedaille. Wart ihr so gut und habt eine der letzteren beiden erhalten, schaltet ihr dadurch Zusatzmaterial wie Artworks, Videoclips, Musikstücke oder Teile aus Sonics Historik frei, das im „Extrabuch“ vom Hauptmenü aus aufgerufen werden kann. Vor allem für Fans der Serie, die sich nichts entgehen lassen wollen, steigert das den Wiederspielwert enorm.

Ebenfalls von eurer Leistung abhängig sind die Erfahrungspunkte, die ihr nach Beendigung einer Mission erhaltet, egal ob mit oder ohne Erfolg. Sie errechnen sich aus der Anzahl der Ringe, die ihr auf eurem Weg zum Ziel eingesammelt habt, den eliminierten Gegnern und dem Schaden, den ihr erleiden musstet. Die Zeit spielt dabei aber keine Rolle. Ähnlich wie in einem Rollenspiel, steigert sich durch die erhaltenen Erfahrung auch euer Level und somit ebenfalls der Höchstwert des Seelenpegels und die maximale Anzahl an Ringen. Doch dazu später mehr. Was uns jetzt erst einmal interessiert, sind die 100 zusätzlichen Fertigkeiten, die Sonic ebenso beim Aufleveln erlangt. Sie erhöhen etwa Höchstgeschwindigkeit, Angriffsstärke, Wendigkeit, Beschleunigung oder lassen euch einen Turbostart hinlegen, höher und weiter springen und füllen euer Ringkonto gleich zu Beginn eines Levels. Das ohnehin schon rasante und spaßige Gameplay wird dadurch noch mal getoppt und viele Missionen, die anfangs unlösbar schienen, werden so im späteren Spielverlauf oft zum Kinderspiel. Wieviele Fähigkeiten ihr benutzen könnt, hängt davon ab, über wieviele Fertigkeitspunkte ihr verfügt. Damit ihr nun aber nicht vor dem Start einer jeden Mission erst mühselig die am besten geeigneten Skills aus der langen Liste auswählen müsst, lassen sich vier Fertigkeitsringe individuell und unabhängig voneinander einrichten und vor dem Auftrag schnell anwählen. Für Bosskämpfe kann man sich so beispielsweise immer einen Ring mit viel Angriffsstärke zur Seite legen – ein für Faulpelze und Freunde des schnellen Spiels willkommenes Feature!

Nun aber zu den bereits angesprochenen, überall in den Levels verteilten Ringen. Fans der Serie kennen sie und ihren unverwechselbaren Klang beim Einsammeln in- und auswendig. Doch dieses Mal dienen sie nicht zum Aufstocken eurer Leben, sondern „nur“ noch zum Schutz, wenn euch ein Gegner in die Quere kommt. Berührt er euch, werden euch lediglich 20 Ringe abgezogen. Werdet ihr allerdings von ihm erwischt, während euer Kontostand bei Null steht, werdet ihr zum nächstgelegenen Rücksetzpunkt geschickt, die relativ fair verteilt worden sind. Das klassische „Game Over“ beim Verlust aller Leben gibt’s so in Sonic und die geheimen Ringe praktisch nicht mehr. Ebenfalls an fast jeder Ecke im Spiel zu finden sind sogenannte Perlen. Sammelt ihr sie ein, füllt sich dadurch euer Seelenpegel und ihr könnt einen Hypersprint oder Zeitstopp hinlegen. Bei letzterem wird die Zeit stark verlangsamt und somit waghalsige Ausweichmanöver möglich, an die man bei der normalen Geschwindigkeit nichtmal denken würde. Ersterer bewirkt genau das Gegenteil: Mit einem eindrucksvollen Blur-Effekt rast Sonic für kurze Zeit mit phänomenaler Geschwindigkeit und ignoriert alles, was nicht niet- und nagelfest ist. So können ihn z.B. Gegner nichts anhaben, Hindernisse wie Stacheln allerdings schon. Es empfiehlt sich also auf freie Bahn zu achten.

Während der Spielspaß in den bisherigen 3D-Teilen oftmals durch die Steuerung getrübt wurde, gibt es an dieser Stelle bei Sonic und die geheimen Ringe fast nichts auszusetzen. Wie bei einem Rennspiel wird die Wiimote quer gehalten, das Nunchuck-Addon kommt nicht zum Einsatz. Sonic läuft nun wie bereits erwähnt von alleine und durch das Neigen der Fernbedienung nach links oder rechts bewegt er sich in die entsprechende Richtung. Der 2-Button wird zum Springen verwendet, wobei die Dauer des Drucks bestimmt, wie hoch Sonic in die Luft katapultiert wird. Ist man gerade in der Luft, reicht ein kurzer Ruck der Wiimote nach vorne, und Sonic macht einen Dash. Befindet sich gerade ein anvisierter Gegner in der Nähe, kann dieser so auch mit einem Verfolgungsangriff attackiert werden. Knopf Numero 1 dient letztendlich noch zum Abbremsen, wobei das äußerst selten von Nöten ist. Kippt man dann die Wiimote außerdem noch nach hinten, läuft Sonic rückwärts und kann verpasste Items aufsammeln. Das funktioniert in der Regel alles wunderbar, nur wenn es zu hektisch wird, kommt es gelegentlich zu Aussetzern und Problemen bei der Erfassung schneller Bewegungen, weshalb man zum Beispiel eine Reihe von Verfolgungsangriffen mit Gefühl und Timing angehen sollte.
Ebenfalls ein großer Kritikpunkt war bislang die Kamera, die manch eine Passage in früheren Teilen fast unspielbar machte. Aufgrund der Tatsache, dass Sonic nun einem vorgegebenen Pfad folgt und keine Erkundungstouren mehr gestattet sind, macht sie nun jedoch fast keine Probleme. Stets ist die Kamera hinter Sonic positioniert, sodass wir unserem Igelfreund über die Schultern schauen können und sehen, was so vor uns passiert. Leider ändert sich an der Kameraeinstellung nichts, wenn mal rückwärtsgelaufen wird, wodurch ihr in diesem Ausnahmefall auf euer Gedächtnis vertrauen müsst.

Abseits des Abenteuermodus wird schließlich noch in 40 kurzweiligen Minigames für Mehrspielerspaß gesorgt. Viele davon sind bereits von vornherein anwählbar, manche jedoch müssen erst durch Erfolge im Hauptspiel freigeschalten werden. Bis zu vier Spieler gleichzeitig messen sich dann im Holzhacken, Paddeln, Fallschirmspringen und vielem mehr. Wer gerade keine Mitspieler im Haus hat, kann sich auch gegen Computergegner in drei Schwierigkeitsgraden beweisen. Die Partygames sind zwar zum Großteil sehr spaßig und ein netter Zusatz, stellen aber auf keinen Fall den eigentlichen Kaufgrund dar.

In technischer Hinsicht ist an Sonics Wii-Debüt nichts auszusetzen, eher im Gegenteil. Die liebevoll designten Welten mit arabischem Flair machen mit ihren vielen Details und zumeist scharfen Texturen optisch einiges her, genauso wie die erstklassigen Effekte und Spiegelungen, zum Beispiel im Wasser. Sonic und die geheimen Ringe zeigt eindrucksvoll, was mit der Wii möglich ist und lässt die Framerate dabei trotz der hohen Geschwindigkeit nie in die Knie gehen.

Überwiegend Positives lässt sich auch über den Sound sagen. Auch wenn die üblichen Verdächtigen wie Crush 40 dieses Mal kein Stück zur Musikuntermalung beigetragen haben, kann die Mehrheit der rockigen, orientalisch angehauchten Stücke in den Levels überzeugen und motiviert ungemein. Lediglich der Titelsong im Hauptmenü kann durch seine ständige Wiederholung mit der Zeit auf die Nerven gehen. Das macht allerdings die original japanische Sprachausgabe wieder wett, die zusätzlich neben der mittelprächtigen englischen ausgewählt werden kann - eingefleischte Fans haben das schon lange herbeigesehnt.

Fazit von
8
Sonic lebt wieder – und zwar auf schnellem Fuß! Mit viel Skepsis wurde der Titel im Vornherein behandelt, "Sonic in Tausendundeiner Nacht - geht das gut?" fragten sich nicht wenige, mich eingeschlossen. Die Frage kann ich heute mit einem eindeutigen "JA" beantworten. Das Setting passt erstaunlich gut, doch was viel mehr zählt ist der Spielspaß. Und der ist bei Sonic und die geheimen Ringe auf jeden Fall gegeben. Unkompliziert, rasant und auch irgendwie süchtig machend, wenn man in den kurzen Missionen auf der Jagd nach Medaillen ist. Kurzum: Für mich der beste Teil der Serie seit des Igels Abenteuer auf der guten alten Kringelkiste.
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