Review

Xbox 360-Review

Sonic & All-Stars Racing Transformed

veröffentlicht am Sonntag, den 25. November 2012 von Ramona Frank
Entwickler
Sumo Digital
Genre
Fun-Racing
Erscheinungsdatum
16. November 2012

Sechsunddreißig. Das ist, grob überschlagen, der Preis in Euro, den SEGA für Sonic & All-Stars Racing Transformed von seinen Fans verlangt. Eine überraschend niedrige Summe, die dem strapazierten, herbstlichen Geldbeutel des Vielspielers sicherlich zugute kommen wird. Aber auch eine Summe, die bei genauerer Betrachtung einige Fragen aufwirft; ist SEGA das Spiel nicht gut genug? Ist man sich der eigenen Markenstärke unsicher? Will man gezielt Spontankäufer ansprechen und auf Mundpropaganda setzen? Oder befindet man sich nach der Umstrukturierung gar in einer Identifikationskrise, aus derer auch der abgewandelte Name des Spieles – "SEGA" wurde klammheimlich entfernt – entstanden ist? Was auch immer der Grund ist: wir Spieler müssen uns wenig sorgen. All-Stars Racing Transformed ist nämlich nicht nur günstig, sondern auch ausgesprochen gut.

Wurde All-Stars Racing noch häufig mit Mario Kart verglichen, dürften solche Nebeneinanderstellungen mit Transformed der Vergangenheit angehören. Besorgt, mit einer normalen Fortsetzung auf der Stelle zu treten, erweiterte und veränderte Entwickler Sumo Digital die Marke mit Transformed so sehr, dass "Fortsetzung" nahezu der falsche Begriff ist. Der eigene Untertitel kommt der Prozedur, welcher sich All-Stars Racing unterzog, ein ganzes Stück näher.

Denn die transformierenden Autos sind weit mehr als nur ein Gimmick, sondern erweitern das altbekannte Gameplay des Waffen-basierten Funracers um eine überraschend wertvolle Komponente. Zu Wasser halten sich die Unterschiede noch in Grenzen; das "Driften" funktioniert wie auch zu Lande mit einem Druck auf die linke Schultertaste. Je länger man driftet, desto stärker wird der dadurch gewonnene Turboboost. Um längere Drifts aufrecht zu erhalten wurde das Steuerungsschema von Transformed um ein kleines Detail erweitert. Im Gegensatz zum Vorgänger ist es möglich, innerhalb eines Driftes die Richtung zu wechseln – dadurch werden schlangenförmige Kursverläufe häufig zu einem Garant für einen Level 3 Drift, welchen man in All-Stars Racing nur selten zu Gesicht bekam.

Spielerisch ist der größte Unterschied zwischen Auto und Boot insofern lediglich das Fahrverhalten; zu Wasser fühlen sich die Gefährte schwammiger an und reagieren empfindlicher auf Steuereingaben. Wer voll in eine Richtung ausschlägt, bremst sich unter Umständen selbst aus, wenn Back- beziehungsweise Steuerbord mit Wucht gegen die Strömung knallen. Diese feinfüligeren Eingaben benötigen einige Eingewöhnungszeit, lassen dafür aber enorm viel Spielraum für Verbesserungen zu.

Völlig anders angehen sollte man hingegen die Flugsequenzen. Auch hier basiert die zugrundeliegende Flugmechanik auf jener der Autos – Drifts sind auch in der Luft möglich –, durch die neu hinzugekommene Achse spielen sich diese Abschnitte hingegen gänzlich anders und offenbaren eine auf den ersten Blick unsichtbare spielerische Tiefe. Versucht man anfangs, lediglich den Hindernissen auszuweichen und soviele Boost-Ringe zu passieren wie nur möglich, sucht man später gezielt nach Stellen, früher in die Flugform des eigenen Fahrzeugs zu wechseln. Denn die Gleiter, Jets oder Flugsaurier sind in der Regel schneller unterwegs als Autos oder Boote und ein früher Wechsel somit ein Vorteil im Rennen. Darüberhinaus werden die Stunts in luftiger Höhe zu einer gänzlich neuen Spielmechanik; sind sie in den anderen beiden Modi lediglich in Sprüngen einsetzbar, kann man sie hier zu jeder Zeit einsetzen. Tut man dies im letztmöglichen Moment vor einer Kollision, erhält man einen Geschwindigkeitsschub – wer durch ein Asteroidenfeld fliegt und den entgegenkommenden Gesteinsbrocken erst im letzten Moment ausweicht, fühlt sich wie Han Solo höchstpersönlich.

Hier kommt es dem Spiel zugute, dass das Streckendesign größtenteils auch mit den sehr ambitionierten Plänen der Fahrzeug-Dreifaltigkeit mithalten kann. Einige unübersichtliche Passagen oder schlecht abgestimmte Abschnitte außen vor, ist jeder in Transformed anwesende Kurs außerordentlich gut spielbar und auch stark in der Herkunftsfranchise verwurzelt. After Burner ist, selbstverständlich, nahezu eine reine Flugshow. Jet Set Radio steht hingegen für schnelle Action auf dem Asphalt, während Pirate’s Isle aus Skies of Arcadia beide Tugenden verbindet und mit kurzen Wasserabschnitten auflockert. Die Fahrzeugverwandlungen finden an festgelegten Stellen (unübersehbare blaue Ringe) statt und gehen fließend vonstatten, die Aufteilung der einzelnen Abschnitte ist in der Regel sehr motivierend aufeinander abgestimmt. Nur wenige Strecken erwecken den Eindruck, man sei zu lange in einem bestimmten Gefährt unterwegs.

Die Änderungen gegenüber All-Stars Racing hören darüberhinaus nicht beim Fuhrpark auf. Standen im Vorgänger noch die Grand Prix und Challenges im Vordergrund, ist es nunmehr der World Tour Modus. In dieser geistigen Erweiterung des Challenge-Modus gilt es, in diversen Disziplinen Sterne zu sammeln. Je mehr Sterne man hat, desto mehr Boni kann man sich leisten, wie etwa neue Fahrer. Rennen, Checkpoint-Rennen, Boost-Rennen und weitere Disziplinen stehen zur Auswahl und lassen sich in anfangs drei, später vier verschiedenen Schwierigkeitsgraden angehen. Pro Schwierigkeitsgrad erhält man einen Stern. Wer alles sehen und freischalten will, muss das Maximum von 232 Sternen erreichen – kein leichtes Unterfangen. Wer will, kann sich allerdings menschliche Unterstützung ins Boot holen. Bis zu drei Mitspieler können zu jedem Zeitpunkt in das laufende Spiel beitreten und entweder in der Solo-Karriere helfen oder sich im Splitscreen-Modus miteinander messen. Ausnahmslos jeder Spielmodus unterstützt lokale Mehrspielerpartien – Hut ab, Sumo Digital.

Neben dem Eintausch gegen neue Fahrer können ergatterte Sterne allerdings auch für spezielle Mods ausgegeben werden. Mods erhält jeder Fahrer im Laufe der Spiels durch Erfahrungsgewinn nach und nach automatisch. Einige verbessern beim Ausrüsten die Höchstgeschwindigkeit, senken dafür aber die Beschleunigung, andere wiederum haben den gegenteiligen Effekt. Das Aufrüsten durch diese Level-Ups lässt sich nicht beschleunigen und ist individuell, den ganzen Cast von 30 Charakteren auf diese Weise zu trainieren nicht nur langatmig, sondern für viele Spieler unnötig. Die anfangs erwähntenen speziellen Mods sind hingegen jeweils für eine Gruppe von Charakteren verfügbar und tragen Namen wie Console-Mod, Arcade-Mod oder auch Dreamcast-Mod. Abgesehen von einem Logo der entsprechenden Hardware bringen aber auch sie nur Attributveränderungen, aber keine neuen Designs für die Fahrzeuge mit – schade.

Dieses Manko an Fanservice macht Transformed aber an anderer Stelle wieder wett. Sich durch die einzelnen Kurse und Fahrer zu wühlen, kommt dem Schmökern einer SEGA-Historie gleich. Denn stand im Vorgänger noch das Sonic-Universum im Vordergrund, ist die Verteilung der Franchises hier nicht bloß ausgeglichener, sondern auch umfangreicher. Golden Axe, Burning Rangers, Skies of Arcadia, NiGHTS, Panzer Dragoon und Shinobi sind nur einige der Namen, die man im Verlaufe des Spiels erblicken wird. Zusammen mit den teilweise enorm aufwändigen Remixes bekannter Songs, die sich stellenweise aus mehreren Stücken zusammensetzen, schafft es Transformed, innerhalb eines dreiminütigen Rennens die schönsten Erinnerungen an die entsprechende Marke hervorzurufen. Immer und immer wieder. Da vergisst man gerne, dass sich zugunsten dieser neuen Kompositionen keine alternativen Songs mehr freischalten lassen. Oder dass Ryo Hazuki nicht mehr zum Teilnehmerfeld gehört.
Stopp, nein, das bleibt ein Fehler – trotzdem kann Transformed auf einer bis dato nicht dagewesener Ebene den SEGA-Fan in jedem von uns innerlich frohlocken lassen. Und das ist nach Sonic Generations ein gewaltiges Lob.

Fazit von Ramona Frank
8
Sonic & All-Stars Racing Transformed ist nicht besser oder schlechter als sein Vorgänger, sondern anders. In einer Zeit der Schema F Fortsetzungen, aus deren Grenzen sich nicht einmal Mario Kart winden kann, ist dies ein gewaltiges Lob. Wer mehr vom Gleichen wollte, könnte unter Umständen mit Transformed enttäuscht werden; reine "Renn"strecken sind passé, einige Fanlieblinge aus dem Teilnehmerfeld verschwunden und der Karriereaufbau hat sich grundlegend verändert. Dennoch kann das Spiel begeistern, auf seine eigene Art. Die Kurse, die sich mit jeder Runde verändern, erwecken Erinnerungen an Split/Second und sind auf ähnliche Art und Weise beeindruckend. Die vielen Referenzen und Musikstücke aus vergangenen SEGA-Tagen eine Wonne. Und AGES der wohl beste "Charakter" eines Fun-Racers seit Menschengedenken. Kritik verdient das Spiel lediglich für den derzeit noch sehr unausgereiften Onlinemodus, der mit häufigen Verbindungsabbrüchen den Spaß im Keim erstickt. Und natürlich für die Preisempfehlung von 36€. Denn Transformed ist viel mehr wert.
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