Review

Nintendo 3DS-Review

Devil Summoner: Soul Hackers

veröffentlicht am Montag, den 23. September 2013
Entwickler
Atlus
Genre
Rollenspiel
Erscheinungsdatum
20. September 2013

Shin Megami Tensei, vor über 25 Jahren als Megami Tensei zum ersten Mal veröffentlicht, ist eine der ältesten und zugleich unbekanntesten RPG-Marken überhaupt. Dies kann zum einen auf das Design zurückzuführen sein, welches das altbekannte Fantasy-Szenario gegen ein apokalyptisches, meist auch industrialistisch-futuristisches Setting austauscht. Zum anderen jedoch auch an der Releasepolitik: Während Amerika in regelmäßigen Abständen die wichtigsten Episoden spielen darf, schaut Europa traditionell in die Röhre. Devil Summoner: Soul Hackers ist Opfer und Erlösung zugleich – nach stolzen 16 Jahren feiert es sein Debüt im Westen. Nicht länger auf SEGAs Saturn, sondern für Nintendos 3DS.

Als eines von vielen "Spin-Offs" der Hauptreihe unterscheidet sich Devil Summoner zum Teil stark von Shin Megami Tensei (SMT), zieht andererseits jedoch auch viele Parallelen zu seinem Ahnen. Größter Unterschied ist die Epoche; in einer kontemporären, fiktiven Stadt angesiedelt, ist Soul Hackers greifbarer als die apokalyptischen Serienbrüder. Amami City heißt die Bühne der Geschichte – eine Stadt, die in rekordverdächtiger Zeit von einer hinterwäldlichen Provinz zu einer urbanen Metropole entwickelt wurde. Verantwortlich für diesen rapiden Wandel ist die Argon Gesellschaft, eine IT-Firma, die den technologischen Wandel maßgeblich beeinflusst hat. Schnelle PCs sind die Standardausrüstung für jeden Bewohner und Paradigm X – Soul Hackers Pendant zum realen "Second Life" – soll die Stadt virtuell verbinden. 

Zu Beginn der Spiels noch im geschlossenen Beta-Zustand, ist Paradigm X hoch begehrt. Eine kleine Hacker-Truppe, die Spookies, versucht sich deshalb auf inoffizielle Art und Weise Zutritt zu verschaffen. Inmitten dieser geselligen Runde befindet sich auch die namenlose Spielfigur, welche kurze Zeit später Zugang zu dieser virtuellen Realität findet. Spielerisch fungiert Paradigm X als HUB-Welt, in der sich diverse Händler, Zugänge zu Dungeons und weitere nützliche Anlaufstellen verstecken. Unter dem Mantel aus Bits und Bytes ist jedoch nicht alles so, wie es scheint.

Denn schnell wird klar, dass unter den Einheimischen in Amami City eine geheime Bruderschaft existiert, welche mithilfe von Dämonen die absolute Kontrolle anstreben. Diese sogenannte Phantom Society handelt skrupellos und stellt sich der Heldentruppe nicht bloß einmal in den Weg. Gut also, dass der Spieler Zugriff auf das sogenannte COMP hat, ein Pistolen-ähnliches Gerät, das es ihm ebenfalls ermöglicht, Dämonen zu beschwören. Auf diese Art und Weise lässt sich das Helden-Triumvirat mit Dämonen verstecken, sodass man mit einer Sechser-Truppe gegen die Feinde los ziehen kann.

Als Bindeglied nahezu aller Spiele im SMT-Universum, sind die Dämonen Dreh- und Angelpunkt der Spielmechanik. Zufallskämpfe in den labyrinthartigen Dungeons werden ausnahmslos gegen diese höllischen Bestien ausgefochten – mit einem Kniff. Denn Dämonen sind keine hirnlose Monster, sondern intelligente Bewohner einer anderen Welt. Ergo lassen sich einige von ihnen auf Gespräche ein. Kann man sie durch Antworten, Items oder Geld davon überzeugen, dass man ihnen würdig ist (oder nicht zu den Geizhälsen zählt), schließen sie sich unter Umständen der eigenen Party an. Geht das Feilschen nach hinten los, ist man für eine komplette Runde wehrlos. Dennoch sollte das Ansprechen der Gegner hoch oben auf der Prioritätenliste stehen, denn viele Dämonen sind nur auf diesem Wege zu rekrutieren.

Im Gegensatz zum humanen Teil der Party leveln Dämonen allerdings nicht auf. Hier kommt die Fusion ins Spiel; zwei oder mehr Dämonen können beliebig zusammengemischt und fusioniert werden. Das Ergebnis ist mal überwältigend, mal enttäuschend, aber in der Regel stärker als ein Teil der Fusion. Wer kein glückliches Händchen hat oder schlicht mehr Kontrolle haben möchte, kann mittels einer "Suchen"-Funktion auch alle derzeit fusionierbaren Ergebnisse anzeigen lassen. Ein höheres Level als der Protagonist dürfen fusionierte Dämonen allerdings nicht haben.

Das Kampfsystem in Soul Hackers ist spärlich in Szene gesetzt, aber funktionell. Eine Autokampf-Funktion erleichtert und beschleunigt etwaiges Grinden, während "Repeat" – wie der Name schon sagt – die zuletzt ausgeführten Aktionen wiederholt. Dämonen können darüber hinaus über den "Go"-Befehl dazu animiert werden, ihren Charakterzügen zu folgen. Freundliche Dämonen sprechen auf diese Art etwa häufig Heilzauber, wilde Dämonen gehen ohne Rücksicht auf Verluste auf den Gegner los und dumme Dämonen machen ihrem Namen alle Ehre. 
Menschliche Partymitglieder auf der anderen Seite haben den Vorteil, Schusswaffen einsetzen zu können und dürfen, wie bereits erwähnt, hochgelevelt und manuell in ihren Skillpunkten verbessert werden – allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. Denn wer Nemissa, dem weißhaarigen Cover-Star, nicht auf Magie spezialisiert, macht sich das virtuelle Leben unnötig schwer.

Außerhalb der mit Fallen, Rätseln und Feinden vollgespickten Dungeons, sowie Paradigm X, erforscht man über eine Übersichtskarte die futuristische Kleinstadt. Neben NPCs, dem Hauptquartier der Spookies und weiteren Anlaufstellen befindet sich hier auch der Insidermarkt für Dämonenbeschwörer, in welchem traditionell diverse Ausrüstungsgegenstände und Items erworben werden können. Als Geld in der realen Welt dient Japans Yen, innerhalb der Dungeons verlangen Heilräume hingegen "Magnetide". Besiegte Gegner lassen lediglich Letzteres fallen, sodass die Wirtschaft zwischen beiden Pools zu einem elementaren Spielbestandteil wird. Denn Magnetide hat noch eine andere Funktion; es dient als Nährboden für Dämonen. Ohne Magnetide ist es unmöglich, Dämonen zu beschwören – und eine rein menschliche Truppe ist häufig eine unterlegene Truppe.

Im Gegensatz zum Saturn-Original hat man dem 3DS-Port einige Erweiterungen und Boni spendiert. Für Kenner am Interessantesten dürfte die erhöhte Anzahl an rekrutierbaren Dämonen sein. Des Weiteren ist auch eine Streetpass-Funktion an Bord; wer Nemechi, einen dieser neuen Dämonen, mit Streetpass-Begegnungen oder Spielmünzen füttert, entwickelt ihn nicht nur weiter, sondern hat auch Zugriff auf weitere, spezielle Kämpfer.
Weitere Verbesserungen muss man hingegen mit der Lupe suchen. Optisch zählt Soul Hackers aufgrund seines Alters zu den unspektakulärsten Spielen auf Nintendos Handheld und das Circle Pad sowie der Touchscreen werden kaum genutzt – dabei wäre die Fortbewegung sowie die Inventarverwaltung mithilfe dieser beiden Eingabemethoden wesentlich angenehmer. 

Absolut überzeugend ist hingegen die neue (englische) Sprachausgabe, die man im Zuge der Portierung für den Westen aufgenommen hat. Dämonen klingen finster und mürrisch und die Charakterzüge der Menschen werden akustisch gekonnt übertragen. Wer des Englischen jedoch nicht mächtig ist, wird sich schwer tun, denn eine deutsche Übersetzung der Texte befindet sich nicht auf dem Modul.

Fazit von
8
Den 16-jährigen Schlaf von SMT: Devil Summoner: Soul Hackers für eine 3DS-Veröffentlichung zu stören, mag merkwürdig wirken, macht allerdings Sinn. Zum Einen ist das Spiel, abgesehen von der Grafik, hervorragend gealtert – zum anderen wurde das Original bewusst für Einsteiger entwickelt und kommt ohne den vernichtenden Schwierigkeitsgrad anderer Megami-Titel daher. Wer sich nicht von komplexen RPG-Regelwerken einschüchtern lässt und der Reihe gerne eine Chance geben möchte, kommt um diesen Geheimtipp nicht herum.
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