Review

Gamecube-Review

Billy Hatcher and the Giant Egg

veröffentlicht am Sonntag, den 20. September 2009
Entwickler
Sonic Team
Genre
Jump'n'Run
Erscheinungsdatum
28. August 2003

Wenn, neben AM2, SEGA´s berühmtestes Entwicklerstudio "SonicTeam" ein neues Spiel ankündigt, kann man sich eigentlich auf etwas gefasst machen. Sei es mit Nights, PSO oder den Namensgeber Sonic selbst. Heraus gekommen ist bisher immer ein Spiel von dem Spieler wie Fachwelt begeistert waren. Billy Hatcher and the Giant Egg sollte nun als Exclusiventwicklung für den GameCube in diese doch recht großen Fußstapfen treten. Schauen wir mal ob unser Hühnerfreund zum Höhenflug ansetzt oder ob seine Flügel gestutzt werden müssen.

Der Morgen graut: Das Land des Morgens wurde von schwarzen Krähen angegriffen. Und nicht nur das. Sie haben auch alle weißen Hühner entführt! Da diese nun nicht mehr krähen können, kann es auch nie mehr Morgen werden. Billy Hatcher, Held und Junge von neben an, kann dies natürlich nicht zulassen. Mit Hilfe seiner Freunde und eines magischen Hahnenkostüms macht er sich auf den Weg die weißen Federfiecher zu retten und die Krähen zu vertreiben.

Das ist ja zum Kugeln: Auf den ersten Blick ist BH ein stinknormales 3D Run&Jump. In mehr oder weniger großen und kniffligen 3D Arealen rennt und springt man, plättet Gegner im wahrsten Sinne des Wortes und sammelt Embleme um neue Gebiete bzw. Aufgaben frei zu schalten. In jedem Gebiet wartet ein typischer Endboss auf euch. Wobei Endboss nicht ganz richtig ist, da dieser am Anfang eines Gebietes wartet. Bis hierhin sieht doch alles nach einem waschechten Marioklon aus. Aber eben nur auf den ersten Blick!

Durch das Hahnenkostüm ist Billy in der Lage sich, überall in den Levels herumliegende riesige, bunte Eier zu schnappen und vor sich herzurollen. Denn ohne Eier läuft garnix im Spiel! Hat Billy kein Ei bei sich kann er gerade mal rennen. Erst das riesige Ei ermöglicht es ihm zu springen wie mit einem Gummiball oder Gegner einfach zu überrollen. Zusätzlich kann Billy mit dem Ei noch einige Spezialmanöver ausführen, wie Eierschuss, extra lang oder hoch springen, Schalter betätigen oder spezielle Angriffe wie einen Eggdunk. Klingt jetzt alles etwas albern? Ist es auch, aber es macht einen Heidenspaß!

In den einzelnen Gebieten erwarten euch bis zu 8 unterschiedliche Aufgaben vom einfachen Gegner säubern, über Hühnersuche, Schneemaschinen ausschalten, Taler sammeln oder Wettrennen. Bestimmte Aufgaben können nur mit einen von Billy´s 3 Freunden gelöst werden, welche natürlich vorher erst befreit werden müssen.
Neben den gewohnten Hüpfpassagen erwarten Billy Schienennetze, auf denen er das Ei entlang rollen muss, oder Geschicklichkeitspassagen a`la MonkeyBall. Riesige Höhenunterschiede bewältigt er mit Hilfe von festen oder beweglichen „Gummiringen“. Einfach mit dem Ei hineinspringen und schon katapultiert euch der Ring in ungeahnte Höhen.

Bei der ganzen Kugelei darf man nicht vergessen, dass Eier von Haus aus sehr zerbrechlich sind. Ein paar Treffer oder rüpelhaftes Rumpoltern genügt und schon könnt ihr euch ein neues Ei suchen. Aber das ist noch nicht alles.
Geplättete Gegner hinterlassen Obstblasen. Durch Darüberrollen füttert ihr euer Ei mit dem Obst. Je mehr Obst ein Ei bekommt, desto größer, schwerer, aber auch unhandlicher wird es. Und warum soll man dann das Ei füttern? Ganz einfach, jedes Ei hat eine Überraschung im Bauch!

Durch Tastendruck, begleitet von einem schmetternden Kikeriki, brütet ihr das Ei aus. Im Spiel gibt es über 70 verschiedene Überraschungseier, welche euch mit Fähigkeiten ausstatten, ohne die ein Weiterkommen nicht möglich ist. Sei es mit Schwimmen, Feuer oder Eisschutz. Aber auch Gesundheit, Extraleben oder Spikes für euer Ei (für effektives Gegnerplätten) findet man. Was sich in den Eiern befindet erkennt ihr an der bunten Bemalung.

Eine Besonderheit sind hier die Eiertiere. Einmal ausgebrütet begleiten sie euch auf euren Weg und unterstützen euch z.B. beim Gegner beseitigen oder ihr könnt sie als Reittiere benutzen. Das Besondere daran: diese Eiertiere werden im Spiel von euch befehligt! Auf Knopfdruck schlägt ein „Nashorndrache“ eine Schneise in die Gegnerschar oder ein Pinguin schießt mit Wasserbomben und beseitigt so störende Feuerwände.
Oft sind Aufgaben ohne den Inhalt von diesen Eiern nicht zu bewältigen. Das bedeutet also auch einen vorsichtigen Umgang mit euren Eiern zu pflegen, damit es nicht zerbricht, bevor man dort angekommen ist wo man das Ei benötigt oder bevor man es ausbrüten konnte. Und das fordert später euer ganzes Fingerspitzengefühl. Spitze Pfähle, tiefe Löcher, gemeine Eierdiebe - es gibt viele Möglichkeiten wie das Ei kaputt gehen kann!
Die Bildschirmanzeige gibt wichtige Auskünfte über Gesundheitszustand, wie viel Früchte euer aktuelles Ei noch benötigt, welche Gegenstände ihr gesammelt habt und die bisher benötigte Zeit. Sämtliche Gebiete und Aufgaben können jederzeit über eine Art Levelkarte nochmals betreten werden.

Ich geb´ mir die Kugel: Die Steuerung von Billy ist eigentlich äußerst präzise, nur leider nicht ganz zuende gedacht. Für so ein Geschicklichkeits-Run&Jump benötigt man eine simple, intuitive Steuerung. Die vielen Spezialmanöver ehren zwar, nur wäre hier weniger eindeutig mehr gewesen. Gerade die wichtigen Spezialmanöver wie Doppelsprung benötigen einiges an Einarbeitungszeit, ehe man sie ohne zu Überlegen einsetzen kann. Die Mehrfachbelegung der Buttons trägt hieran Schuld. So kann man allein mit dem A-Button 3 Manöver ausführen, je nach dem was Billy gerade macht.

Auch die Kugelei selbst gestaltet sich nicht gerade Spielerfreundlich. Ein Ei wird aufgenommen, in dem es Billy einfach berührt. Schon schnappt er sich das Ei und rollt es vor sich her. Bis hierher sehr gut gelungen. Nur hält er das Ei nicht fest. Soll heißen, eine abrupte Kurve oder Rückwärtsbewegung und schon verliert er das Ei. Dies macht sich auch bei Sprüngen bemerkbar. Etwas zu dicht an den Rand gesprungen und schon landet Billy wieder unten, während das Ei oben Liegen bleibt.
Man gewöhnt sich zwar an die Steuerung und auch die verschiedenen Manöver klappen später, mit etwas mehr Feinschliff wäre die Steuerung deutlich Spielerfreundlicher geworden, denn wie gesagt, präzise ist sie bereits.

Von Präzision kann man bei der teilweise lausigen Kameraführung nicht sprechen. Selten zeigt sie das Geschehen aus einem optimalen Winkel. Regelrecht störrisch reagiert sie wenn man mal etwas schneller unterwegs ist. Zwar lässt sie sich manuell justieren, aber einen flüssigen Spielablauf macht sie oft zunichte.
Durch die räudige Kamera werden so ganz schnell haarige Passagen zur Tortur, was dann schnell den Grad von Hart aber Fair überschreitet und in Unfairnis endet. So müsst ihr z.B. eine schmale Brücke hinab rollen, welche mit Feuer, Löchern und Abgründen nur so übersäht ist. Die Kamera weigert sich aber hartnäckig eurer Blickrichtung zu folgen.
Frust pur ist die Folge. Der eigentlich moderate Schwierigkeitsgrad wird so oft in ungeahnte Höhen geschraubt. Ärgerlich ist dies vor allem, da spätere Bereiche vor spielerischen Ideen, knalligen Hüpf-und Geschicklichkeitspassagen nur so strotzen.
Irgendwie wirkt das Ganze unfertig. Und das ist fast schon ein Armutszeugnis für das SonicTeam.

Ein Eiertanz: Diesen unfertigen Eindruck hinterläst auch die technische Seite von BHATGE.
Nicht das die Technik schlecht wäre. Sie bedient konsequent jedes typische Nintendovorurteil, ist bunt, laut und quitschvergnügt. Und sie kann bedenkenlos von jedem missbraucht werden, der schon immer beweisen wollte, das der GameCube nur was für Kinder ist. Die Grafik ansich ist abwechslungsreich. Von sanften Wiesen, verschneiten Burgen, über feurige Lavaseen, bis zu Wüstenlandschaften mit Pyramide reicht das Angebot. Nur ein Vorzeigetitel ist es nicht. Zu bieder und simpel gestrickt wirkt alles. Dafür bekommt man aber bei Kameraschwenks ein dezentes Ruckeln präsentiert.

Auch die Gegner sind alles andere als eine Ausgeburt an Abwechslung, sei es im Angriffsverhalten oder im Aussehen. Viel zu oft wiederholen sie sich, von der kantigen Darstellung und allgemeinen Polygonarmut will ich gar nicht erst anfangen. Durchschnitt soweit das Auge reicht. Technische Schmankerl oder knallige Spezialeffekte muss man mit der Lupe suchen.

Einzig Billy und seine Freunde zeigen, das dass SonicTeam wenigstens noch coole und absolut liebenswürdige Charaktere entwerfen kann.
Einen positiveren Eindruck hinterlässt nur der Sound. Lustig und unbeschwert kommt die Musik daher, aber nie wirklich nervig. Eigentlich genau das was man von so einem Spiel erwartet. Vor allem der Titelsong ist perfekt gelungen. Wer hier nicht nach 30 Sekunden automatisch mit pfeift muss ein Miesepeter erster Güte sein!

Der Morgen danach: Kopfschmerzen wegen dieser bis hier hin herben Enttäuschung? Nun nicht ganz. Es gibt, neben der neuen und spaßigen Spielidee, einige weitere durchaus sehr gute Ansätze. Die Idee neben Billy noch 3 weitere spielbare Charaktere einzusetzen überzeugt. Auch wenn das Handling sich im Grunde kaum unterscheidet
Auch der integrierte Mehrspielermodus mit bis zu 4 Spielern überzeugt durch verschiedene Modis und guter Spielbarkeit. Verschiedene Arenen mit unterschiedlichen Aufgaben erwarten euch im sauberen Splitscreen.

Der Clou sind allerdings die freispielbaren Minispiele für den GBA, welche mittels Linkkabel auf den GBA übertragen werden. Neben Eierschießen wartet eine abgespeckte Version von ChuChuRocket, Pyo Pyo und ein Minispiel von Nights into Dreams. Welche allesamt sehr gut umgesetzt wurden.

Natürlich wurde wieder das SEGA-typische Ranking integriert. Anhänger werden das zu schätzen wissen. Auch der Umfang geht voll in Ordnung. 6 riesige Welten mit jeweils 8 Aufgabenstellungen, das hält auch längerfristig vor. Das Spiel wurde komplett ins Deutsche übertragen, 60Hz sind natürlich Standard, genauso wie optional Dolby Surround.
Und doch siegt die Enttäuschung.. Einzig die tolle Kulleridee, welche trotz aller Mängel einen Heidenspaß macht und der coole Hauptcharakter sorgen dafür das Billy Hatcher keinen Absturz erlebt.

Fazit von
6
Es ist zum Haareraufen! Da freut man sich wie Bolle auf ein (wirklich) neues Spiel vom Sonicteam und dann das. Billy Hatcher ist nicht schlecht, Gott bewahre. Ein putziger Held und eine neue Spielidee sind doch schon die halbe Miete. Denn die drollige Kugelei macht ohne Zweifel auch längerfristig Spaß. Dazu abwechslungsreiche Levels, neue Ideen im angestaubten Genre, ein neckischer Mehrspielermodus und als Sahnehäubchen Bonusspiele für den GBA. Es hätte so schön werden können.
Und doch ist man entäuscht, nicht auf ganzer Linie, aber ein schaler Beigeschmack bleibt. Billy Hatcher wirkt unfertig. Die teilweise katastrophale Kamera, welche ein flüssiges Spielen fast völlig verhindert,dadurch unfaire Passagen die geradezu nach Schlamperei schreien. Und auch die zwar saubere, aber unscheinbare Grafik. Irgendwie bin ich von SEGA Besseres gewohnt.
Einzig die neue Spielidee, welche trotz der Mängel begeistern kann sorgen dafür, das Billy Hatcher and the giant Egg nicht Flügellahm im Genreallerlei versinkt. Für Genrefans ein klassischer Fall von Hass-Liebe.
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