Review
Xbox 360-Review
Bayonetta
Eben erwähnte Endgegner sind erwartungsgemäß die Highlights des Spiels. Die gewaltigen, göttlichen Erscheinungen verbinden das Erhabene und das Abstoßende, überragen Bayonetta ausnahmslos um mehrere hundert Meter und lassen sich nur mit viel Geschick und Können vernichten. Gleichzeitig jedoch sind sie die Bindeglieder der drei wichtigsten Zutaten von Bayonetta: Comedy, Action und Sex. Vor den Auseinandersetzungen kontrastieren die Entwickler die prophezeihenden Monologe der Monster mit prolligen Sprüchen von Bayonetta, anschließend werden sie in mehreren, bildschirmfüllenden Phasen auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Abgeschlossen werden die Kämpfe mit einem (hervorragend betitelten) Climax-Angriff, welcher Bayonettas Haaroutfit als Katalyse zum Beschwören eines Dämonen nutzt und die Hexe nahezu völlig entblößt – das Massaker, welches die gerufenen Dämonen mit dem einstmals imposanten Gegner anstellen, wird dabei fast zu Nebensache.
Ähnlich brutale Abschlussmanöver lassen sich auch auf Standardgegner anwenden. Die sogenannten Folter-Angriffe schenken den Engeln und Rittern eine letzte Sekunde des Ruhms; sei es als Inhalt einer eisernen Jungfrau oder als Opfer eines Stachelrades. Im Gegensatz zu den Climax-Angriffen sind die mittelalterlichen Folterinstrumente jedoch von Bayonettas Magieanzeige abhängig. Die füllt sich durch erfolgreiche Angriffe, sinkt jedoch wieder für eingesteckte Treffer – aufsparen sollte man sich die brutalen Manöver also nicht.
Was Bayonetta neben dem fantastischen Kampfsystem und dem sexistischen Humor vom bekannten Genrestandard abhebt, ist die Liebe zum Detail und die unglaublich schöne wie vielfältige Art-Direction. Weitläufig bekannt sind die schön ausgeleuchteten Tempel der anfänglichen Kapitel, die an die Epoche des Barock erinnern, später jedoch besucht man Paralleldimensionen, die mit einem ganz eigenen Flair zu begeistern wissen. Paradiso, die Heimatwelt der göttlichen Gegner, wirkt losgelöst von der Erde, kombiniert sprudelnde Quellen mit einem Horizont aus Sternen und golden leuchtenden Pfaden, die den Gesetzen der Schwerkraft trotzen. Inferno hingegen unterstreicht mit Lavaströhmen und Hitzeflimmern das dunkle und bösartige, beeindruckt aber mit zerstörter Schönheit.
Darüberhinaus wird zu jeder Zeit deutlich, wie wichtig das Design der Welt für die Entwickler war und wie stolz sie auf die eigene Vergangenheit sind. Besiegte Endgegner beispielsweise verfluchen Bayonetta nicht etwa – denn das wäre ein Widerspruch ihrer göttlichen Herkunft gegenüber – sondern wünschen ihr Gnade. Und wenn Bayonetta markante Sprüche von Dante oder Viewtiful Joe klopft oder mit „Welcome to my Fantasy Zone!“ eine Hommage an Space Harrier einleitet, jubelt der Videospielfreund und SEGA-Fan.
Dass man dieses schöne Universum nicht nach einmaligem Durchspielen zurück ins Regal stellen möchte, sollte klar sein. Glücklicherweise war das den Entwicklern bewusst, sodass nach Beendigung nicht bloß viele Bonusinhalte freigeschaltet werden, sondern der Spieler auch ermutigt wird, etwas Neues auszuprobieren. Wer beispielsweise in den „Moon of Mahaa-Kahlaa“ investiert, gibt der grazilen, ausschließlich offensiv kämpfenden Hexe die Möglichkeit zum Abwehren und Kontern von Angriffen. Richtig angewendet, vermag es dieser Gegenstand das Kampfsystem völlig auf den Kopf zu stellen und die einstmals überlebenswichtige „Witch Time“ überflüssig zu machen. Andere Gegenstände beeinflussen das Gameplay nicht ganz so stark, haben aber dennoch einige Tricks auf Lager; die Peitsche kann Gegner zu Bayonetta hinziehen und die Kämpfe mehrere Meter über den Boden verlagern, während ein Armband es ermöglicht, „Witch Time“ manuell zu aktivieren – sofern Bayonetta ausreichend Magie zur Verfügung hat.
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