Review

Saturn-Review

The Horde

veröffentlicht am Sonntag, den 20. September 2009
Entwickler
Crystal Dynamics
Genre
Strategie
Erscheinungsdatum
1996

Die Vorgeschichte zu "The Horde" wird euch in einem vierminütigen, mit echten und professionell agierenden Schauspielern, und im (betont guten) B-Movie Intro erzählt:
Ein Festmahl findet statt, König "Winthrop" übernimmt sich, verschluckt sich und wird gerettet - von euch: Dem jungen Chauncey. Als Folge werdet ihr fortan zum "Sir" und Beschützer der königlichen Ländereien geschlagen.

Diese werden nämlich vermehrt Opfer der schecklichen Hordlinge. Diese roten, schmatzenden und Kühe fressenden Monsterlein gilt es auszutilgen. Im Laufe des Spiels wird es noch viele solcher Zwischensequenzen geben, die immer wieder zum Schmunzeln einladen. Für die damalige Zeit, in der viel mit billigen Real-FMV Sequenzen geprotzt wurde, eine löbliche Ausnahme, und damit ein positiver Aspekt des Spiels. Vom Kanzler (der nicht ganz koscher erscheint) erhaltet ihr weitere Aufträge. Anschließend werdet ihr zur automatisch "ablaufenden" Karte geschickt, die euch einen Einblick in die Ländereien gewährt. Euer Ziel ist allerdings vorgegeben. Kurz vor Beginn informiert euch ein kleines Fenster über die aktuelle Zeit.

Das Spiel findet in einer isometrischen, nicht zoom-baren Levelumgebung statt. Mit dem Digi-Kreuz lasst ihr euren Cursor über das Spielfeld wandern, was allerdings nicht immer ganz flott geht. Somit muss man mit einer gewissen hakeligen Handhabung leben/spielen. Dies wirkt sich u.a. auf eure Bauvorhaben aus: Platziert ihr einen Schutzwall, Zäune o.Ä. kann das Ganze schon mal daneben gehen, vor allem am Anfang. Später, nach einer gewissen Eingewöhnungszeit, bereitet das keine Probleme mehr. Manchmal wünscht man sich aber ein schnelleres Vorankommen, genauso wie eine Mausunterstützung. Ansonsten ist das Baumenü einfach und eingängig, ihr aktiviert das Menüfenster mit B und sucht das Gewünschte mit dem D-Kreuz aus.

Wie gekommen, so verlasst ihr es auch wieder. Alles überhaupt kein Problem. Zusätzlich zur kleinen Karte gibts noch eine grössere, jederzeit aufrufbare. Natürlich könnt ihr nicht nur Zäune oder Stachelfelder bauen, sondern für den wirtschaftlichen Aufschwung eures im Bau befindlichen Dorfs Kühe aufstellen (Achtung: des Hordlings Leibgericht!) oder Verteidiger, sprich Ritter und Bogenschützen plazieren. Bäume könnt ihr zur Verschönerung und fürs Ansehen ebenfalls pflanzen. Zudem könnt ihr Wassergräben ausheben oder Schnee wegsprengen, um euch Platz zu verschaffen. Denkt aber dran: Alles kostet Geld, und ist nur begrenzt verfügbar. Zum Aufbau gesellt sich also auch der Strategiegedanke. Und ob der gut gedacht war, stellt sich gleich nach zwei Minuten, beim Angriff der Hordlinge heraus.
Vor der Attacke in den Actionsequenzen werdet ihr über Anzahl der Angreifer informiert. Von den Hordlingen gibt es die normalen Angreifer, aber auch Magier, die ihre toten Artgenossen wieder zum Leben erwecken können, sowie noch vier weitere Arten, wie einen grossen Muskelprotz. Was auf euch zukommt, könnt ihr anhand des Brüllens erahnen. Die Hordlinge greifen aus zufälligen Richtungen euer Dorf an, und können auch noch tauchen. Während der Attacke übernehmt ihr die Kontrolle über Blondschopf Chauncey. Diese gestaltet sich hier noch etwas hakeliger, als während der Planungs- und Bauphase, schade!

Zumindest kommt ihr so an Stellen heran, die eure Verteidiger vielleicht nicht erreichen. Ihr könnt mit eurem Schwert zuschlagen und euch zahlreicher Goodies bedienen, als da wären: Lockpfeifen, das Herbeirufen eines Drachen, Bomben wie in Bomberman legen, schnelleres Laufen, Köder als Ablenkungsmanöver plazieren, Flammen verschießen oder die Feinde zusammentreiben. Die Anzahl dieser Defensiv- und Offensivwaffen steigt je nach Kartenabschnitt. Ausgewählt werden diese wie in der Bau-und Planungsphase mit dem B-Knopf.

Nach jeder Attacke wird abgerechnet: Ihr erfahrt, wie viele eurer Kühe getötet worden sind, ob ihr Personen verloren habt, ins Plus oder ins Minus gerutscht seid oder wieviel Steuern ihr abgeben müsst. Manchmal wird ein wertvoller Hinweis, etwa von einer Waldelfe, im Standbildschirm eingeblendet. Es kann auch sein, dass sich ein Piratensender der Hordlinge einschaltet - ebenfalls sehr unterhaltsam und lustig gemacht. Meist sind es aber Kurznachrichten des königlichen FNN-Senders.

Nach jeder Runde wächst übrigens euer Dorf, am Ende meldet sich nochmals der Kanzler und verlangt eine Steuererhöhung, bspw. um seine eiserne Jungfrau zu entrosten - ein richtiges Schwein, könnte man meinen. Nach Levelabschluss landet ihr im Shop und kauft, sofern Kohle vorhanden ist, neue Goodies ein.

Je nach Länderei sieht euer Dorf grafisch anders aus, mal latschen Bauern herum, mal knapp bekleidete Amazonen oder Weihnachtsmänner. Ein anderes Mal versperrt Steinboden oder Eis euer Bauvorhaben. Zudem findet ihr euch im Moor, in Wäldern oder auf Gräsern wieder. Die Bewohner gehen während der Bauphasen die immer gleiche Route entlang und säen oder gießen bspw. ihre Gärten. Während der Actionsequenzen verziehen sie sich in ihre Behausungen und kommen nur bei deren Zerstörung unfreiwillig ans Tageslicht. Die Animationsphasen sind ganz putzig und so weit es für ein "Isospiel" der damaligen Zeit geht, real. Das Gleiche gilt für die verschieden animierten und gestalteten Feinde; so gibt es nicht nur die Hordlinge sondern z.B. einen Yeti, der euer Dorf mit Schnee zudeckt, wenn ihr nicht aufpasst.

Ob Sümpfe, Wälder oder Wüste - soundtechnisch bietet The Horde solides Mittelmaß. Jede Aktion ist mit Sound unterlegt, egal ob zerplatzender Hordling, kurze Stimmensamples der Figuren oder die mittelalterliche, musikalische Untermalung. Das Spiel ist komplett in Englisch. Auf der CD selbst ist noch ein Crystal Dynamics Werbetrailer mit Auszügen zu damaligen Spielen wie Off-World Interceptor, Blood Omen oder Gex enthalten.

Fazit von
7
Das Gameplay und die Thematik von "The Horde" sind auch gleichzeitig das Problem: Der interessante Aufbau und Planungsaspekt wird durch die zu schnell unterbrechenden Kämpfe gestört. Eine grössere Auswahl bei der Aufbauphase und vor allem mehr Zeit hätten viel zur Motivation beigetragen. Die Steuerung erscheint anfangs ebenfalls nicht ganz ausgereift. Durch die genannten Aspekte kann leider Frust entstehen. Gut gefallen hat die nette Atmosphäre, welche durch die gelungenen Zwischensequenzen getragen wird. Was übrig bleibt, ist ein unkompliziertes Action-Strategiespiel.
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