Review

Xbox 360-Review

Castle of Illusion: Starring Mickey Mouse

veröffentlicht am Mittwoch, den 04. September 2013
Entwickler
SEGA Studios
Genre
Jump'n'Run
Erscheinungsdatum
04. September 2013

Es war einmal, vor langer, langer Zeit... Videospiele begnügten sich mit zwei Dimensionen, 512 Farben lockten begeisterte Kinder vor Vaters neuen Fernseher und Lizenzspiele mussten sich ihren schlechten Ruf erst noch erarbeiten. Inmitten dieser Epoche stach ein Held für viele SEGA-Fans besonders hervor. Die Rede ist nicht von einem Igel, sondern von einer Maus. Einer Maus namens Mickey, die jeder kennt. Einer Maus, die ihre Freundin aus den Fängen des Bösen befreien muss. Einer Maus mit einem Ziel: dem Castle of Illusion.

Nach den jüngst neu veröffentlichten, nahezu gleichaltrigen Kollegen namens Ducktales und Flashback präsentiert nun auch SEGA ihr Tribut an vergangene Tage. Castle of Illusion starring Mickey Mouse genießt unter alten SEGA-Fans einen vorzüglichen Ruf. Das Remake, das von SEGA Studios Australia entwickelt wurde, wird deshalb von vielen Augen besonders kritisch unter die Lupe genommen werden. Als wäre dies nicht schon Druck genug, gehen die Entwickler noch einen Schritt weiter; statt wie in Ducktales die alten Levels in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, wurde das Castle of Illusion ordentlich entrümpelt.

Das titelgebende Schloss ist nun eine vollwertige 3D-"Hub"-Welt, die man nach und nach erforschen kann. Stehen anfangs nur die Tore in das Waldgebiet offen, schaltet Mickey durch das Einsammeln von Kristallen nach und nach alle fünf Welten frei. Weiterhin dient das Innere des alten Gemäuers gleichzeitig als interaktives Museum; wer konzentriert durch die Levels hüpft, schaltet durch Bonusgegenstände Artworks und Trophäen frei, welche anschließend als Gemälde beziehungsweise Statuen das Innere des Schlosses zieren.

Doch genug der einleitenden Worte – wie spielt sich Castle of Illusion im neuen Gewand? Konzeptuell ist es dem Original zum Verwechseln ähnlich: Mickey, nun im wohl animierten Polygon-Outfit, hüpft wie gehabt durch die Levels, erledigt Gegner mit einem beherzten Hosenboden-Angriff und kann auf Wunsch eingesammelte Äpfel oder Murmeln als Schussobjekte missbrauchen. Die eigentlichen Levels hingegen erfuhren eine größere Überarbeitung. Nicht länger mit einer flachen Darstellung zufrieden, erstrecken sie sich in bester "2.5D"-Manier in die Tiefe. Mickey wird – meistens jedenfalls – nach wie vor auf einer zweidimensionalen Ebene gesteuert, erkennt aber unter Umständen im Hintergrund bereits Pfade, die er erst einige Minuten später passieren können wird. Was anfangs lediglich ein optischer Hingucker ist, erweckt spätere Levels geradezu zum Leben. Das in alle Richtungen rotierende und in sich verschlungene Uhrwerk ist im Jahre 2013 ungleich beeindruckender als sein 16-bit-Pendant es jemals sein konnte. Andere Gebiete wie die Bibliothek hingegen nutzen die neu gewonnene Tiefe zum Verdeutlichen ihrer Dimensionen – Lesebrillen im Vordergrund vergrößern Mickey sobald er daran vorbeiläuft, während sich an anderer Stelle wortwörtlich Berge von Literatur in die Tiefe winden.

Den meisten Nutzen aus der polygonalen Grafik ziehen hingegen die Meister der Illusionen, die Endbosse der fünf Welten. Nicht alle, aber die Mehrheit von ihnen hat es sich im Remake in der dritten Dimension gemütlich gemacht und neue Tricks erlernt. Wer mit verbundenen Augen durch das Original pflügen konnte, wird diese Neuerung begrüßen – die neuen Angriffsmuster und Bewegungsmöglichkeiten verleihen den Auseinandersetzungen wesentlich mehr Pep und spielerische Würze.

Dennoch ist nicht alles Gold, was in HD glänzt. Puristen und Veteranen werden sich nur zähneknirschend an die Vertonung gewöhnen können und der Erzähler, welcher in alter Disney-Manier regelmäßig das Geschehen kommentiert, ist ungewöhnlich, aber nicht per se unpassend. Wer sich von ihm gestört fühlt, hat jedoch die Möglichkeit, ihn über das Menü zu deaktivieren. Ebenfalls in den Soundeinstellungen versteckt ist die Auswahl des Soundtracks. Wem beim Lauschen der brillant komponierten Remixes das Nostalgiegefühl abhanden kommt, kann auf Knopfdruck die liebgewonnen MIDI-Töne von den Toten erwecken.
Nicht deaktivieren kann man hingegen die leicht unpräzise Steuerung sowie einige kleinere Mängel bei der Kollisionsabfrage – die Genauigkeit einstiger Pixel-Tage kann Castle of Illusion im Jahre 2013 nicht ganz erreichen.

Fazit von
7
Ein Remake, wie es im Märchenbuche steht. Statt auf Teufel komm’ raus die Vergangenheit imitieren zu wollen, gönnten sich die Entwickler größeren Freiraum als üblich – und sie behielten Recht. Die zu Großteilen frisch designten Levels und überarbeteten Bosse überraschen Kenner des Originals. Neueinsteiger hingegen fühlen sich nur sporadisch daran erinnert, dass Castle of Illusion dieses Jahr sein Dreiundzwanzigstes feiert: die Spielzeit ist mit knapp drei Stunden vergleichsweise knapp bemessen und Mickeys Bewegungsrepertoire verräterisch archaisch. Dennoch ein klarer Kauftipp für Freunde gepflegter Jump’n’Run-Kost, die über kleinere Mängel bei der Bedienbarkeit hinwegsehen können.
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